um 1760/1770
Seidensamt, Applikationsstickerei
Rock L. 117 cm
Gilet L. 79 cm
Inv. 1974.472.
Rock, Gilet und Kniebundhosen stammen angeblich aus dem Besitz des Basler Ratsschreibers Peter Ochs-Vischer (1723-1821), seit 1798 Mitglied des Direktoriums der Helvetischen Republik. Zum "Habit à la Française" gehörte ein Hemd mit Spitzenmanschetten und angeschnittenem oder umgebundenem Spitzenjabot. Am Kniebund der Hose glänzten reich verzierte silberne oder vergoldete Schnallen. Die obligate Perücke war sorgsam frisiert und weiss gepudert. Die unter den Schössen des Gilets hervorhängende Uhrkette zeigte neben der Uhr das Petschaft oder den Siegelring und allerlei Zierat. Rock und Gilet sind aus fein strukturiertem Samt, der vor dem Zuschneiden bereits abgepasst bestickt geliefert wurde: hier mit Applikationen von transparenten blauen und farblosen, facettierten Glassteinen, vergoldeten Pailletten und voluminös verarbeiteten Goldfäden wie Cannetille und Bouillon. Dazu passend sind auch die Knöpfe verziert, die jedoch an Rock, Taschenpatten, Manschetten und Taille nur Scheinfunktion haben. Diese Mode galt in der gehobenen Gesellschaft keineswegs als feminin: Sie spiegelt seit Louis XIV das üppige, barocke Umfeld in der spielerischeren Variante des Rokoko. Das "Habit à la Française" überdauerte die Französische Revolution kurze Zeit als Gesellschaftskleidung neben der Galauniform für Anlässe auf diplomatischer Ebene.