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Goldschmiedekunst

Nautiluspokal mit Fischweibchen als Träger

Cartel

Johann Friedrich I. Brandmüller (1655–1732 Basel)

Basel, um 1690

Fassung: Silber, teilweise vergoldet

Nautilus: Perlmutterschicht mit nicht begradigtem Mündungskammerrand

H. 34,5 cm, L. (Fuss) 13,1 cm, B. (Fuss) 10,8 cm

Inv. 1939.855.

Description

Der Nautilus, auch Perlboot genannt, gehört zur Gruppe der Kopffüssler. Dieses dem Tintenfisch verwandte Tier bildet durch die Aussonderung eines kalkhaltigen Sekrets sein Gehäuse, eine aufgerollte Schale mit gekammertem Innenraum. Die Schale ist dreischichtig. Die innere Schicht besteht aus hellem Perlmutt, die äussere Schicht aus ebenfalls hell schimmerndem Aragonit wird von einer meist streifigen, dunkleren Schutzhaut bedeckt. Perlboote leben ausschliesslich an Riffen im Pazifik und im Indischen Ozean und sind nur mit grossem Aufwand zu fangen.
Am Basler Nautilus ist die äussere Haut abgeschliffen, er schimmert durchgehend perlmuttfarben. Er wird durch silberne Bänder mit Blattdekor gefasst, die mit Scharnieren am Schaft befestigt sind. Passend zum Meerestier ist der Dekor: zuoberst ein auf einem Delfin sitzender Putto, ein vollplastisches Meerweibchen als Schaft und verschiedene Darstellungen kämpfender Meeresgötter und Seeungeheuer auf dem Fuss. Das Meerweibchen hält in seiner Rechten eine Muschelschale, in der Linken einen Nautilus.
Die Bänder, der kleine Putto sowie das zweischwänzige Fischweibchen sind gegossen. Der glockenförmige Fuss hingegen ist eine virtuose Treibarbeit, die wie Schaft und Fassung vergoldet ist. Nur die Haut der beiden Figuren Putto und Fischweibchen ist von der Vergoldung ausgespart.
Es handelt sich um den einzigen bekannten Nautiluspokal des Basler Goldschmieds Johann Friedrich I. Brandmüller. Die übrigen etwa 50 bekannten Werke dieses wichtigen Goldschmiedes bestätigen sein Talent. Brandmüllers Kunstfertigkeit zeigt sich sowohl im plastischen Herausarbeiten reliefierter Darstellungen – meist figürliche Szenen, Tiere und Ranken – als auch in der Gegenüberstellung von Silberglanz und Goldschmimmer und dem Einbezug anderer, teilweise exotischer Materialien wie Elfenbein, Kristall, Glas, Holz oder eben ein Nautilus. Ein Grossteil der Werke Brandmüllers wurde für katholische Kirchen in den Kantonen Solothurn, Bern und Freiburg hergestellt: Monstranzen, Reliquiare, Messgarnituren, Kelche und Ziborien. Interessanterweise hat Brandmüller gleichzeitig auch für zahlreiche protestantische Gemeinden Kelche hergestellt, selbstverständlich in zurückhaltender Form und wenig dekoriert. Es erstaunt kaum, dass einfaches Hausgerät oder Besteck im Werk Brandmüllers die Ausnahme bleibt. Brandmüller entstammt keiner Goldschmiededynastie, er ist Sohn eines Apothekers. Seine Lehrzeit hat er beim Basler Goldschmied Martin Huber (1636–1676) absolviert, von dem der Pokal mit Strauss als Schaft stammt (Kat.-Nr. 076).
Aus Basel sind nicht einmal fünf vor dem Historismus entstandene Nautiluspokale bekannt, in der Schweiz sind sie generell selten. Eigentlich war um 1690, der aus stilistischen Gründen vermuteten Entstehungszeit des Brandmüllerschen Nautilus, die grosse Nautilusbegeisterung in Europa schon am Abklingen. Besondere Verbreitung fanden diese Pokale in den Jahren um 1570–1620. Zu dieser Zeit war der Nautilus noch ein höchst seltenes und kostbares Gut, teurer noch als Gold, das sich nur fürstliche Sammler leisten konnten. In deren Kunst- und Wunderkammern war ein Nautilus fast ein Muss. Als Trinkgefäss kaum geeignet, haben dennoch ihr Reiz des Exotischen, ihr perlmuttartiger Schimmer, ihre faszinierende Abfolge der immer kleiner werdenden eingerollten Kammern und nicht zuletzt die erotischen Anspielungen der Muschel, Generationen von Sammlern in den Bann gezogen. Hergestellt wurden die Nautiluspokale hauptsächlich in den grossen Goldschmiedezentren Nürnberg, Augsburg und Antwerpen. Im 17. Jahrhundert wuchs mit der Entwicklung des Ostindienhandels das Angebot an Nautilus-Schnecken und anderen Exotika wie Kokosnüssen zusehends, ihre Preise gingen nun stark zurück. Eher aus Mode- als aus Preisgründen wurden nach 1690 Nautiluspokale jedoch nur noch vereinzelt hergestellt. Erst im Historismus zwei Jahrhunderte später gab es eine erneute Nautilusmode, von der auch Basel erfasst wurde. Von Ulrich Sauter (1854–1933) kennen wir gleich mehrere Nautiluspokale. Dass in seiner Werkstatt ältere Vorbilder genau studiert wurden, belegen Zeichnungen von Meeresgöttern, die jenen auf dem Fuss des Brandmüllerschen Pokals ähneln (Historisches Museum Basel, Inv. 1997.1.77–80.). CH (Die grosse Kunstkammer 2011, S. 293-294).

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