Objekt 1

Eine Allegorie der Musik - Der kastalische Brunnen

Im Zentrum des Bildes steht ein Renaissance-Brunnen. Er steht hier für die dem Gott Apollo geweihte Quelle im antiken Delphi, die von der Nymphe Kastalia bewacht wird. Um den Brunnen sind die neun Musen in zeitgenössischen Kostümen und mit je einem Musikinstrument als Attribut gruppiert; links, hinter Erato, steht Apollo mit einer lyraförmigen Harfe. Sowohl David als auch Apollo ist je die Harfe gleichsam als königliches bzw. göttliches Instrument zugeordnet.

Die neun Musen und ihre Attribute (v.l.n.r. im Uhrzeigersinn):
1. Euterpe mit trapezförmigem Psalterium
2. Kalliope mit Portativ (kleine, mit einer Hand zu spielende Orgel)
3. Erato mit Schellentamburin
4. Melpomene mit Clavizitherium (aufrechtes Kielinstrument)
5. Polihymnia mit «Geige» (Rebec)
6. Urania mit Psalterium
7. Thalia mit Mandola (eine Art Laute mit geschweiftem Wirbelkasten)
8. Clio mit Triangel
9. Terpsichore mit Renaissance-Laute

Neben den zentralen mythologischen Figuren finden sich im äusseren Kreis musizierende Einzelpersonen und Gruppen. Sie spiegeln die musikalische Praxis des ausgehenden 15. und der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts sowie ein bestimmtes soziales Umfeld wider und sind bei den Musikbeispielen berücksichtigt (v.l.n.r. im Uhrzeigersinn):

1. Baldachinorgel: Hausmusik für Orgelpositiv.

2. Fünf Sänger, Zink und Posaune, jeder Musiker mit seinem Stimmbuch (Diskant, Altus, Vagans, Tenor, Bassus). Der Diskant wird durch Zink verstärkt, der Tenor durch die Posaune unterstützt. Hausmusik der gehobenen Gesellschaft.

3. Musizierende Bauerngruppe mit zwei auf den Knien bzw. an der Brust gehaltenen Fideln, einer Drehleier und einem tanzenden Hündchen.

4. Vier musizierende Nymphen, wohl mit Blockflöten. Es könnten auch drei Blockflöten und eine Musette (Sackpfeife) dargestellt sein.

5. Schwalbennestorgel mit Orgelspieler auf einer Orgelempore sowie zwei Turmbläser auf der Galerie des Kirchturms (mit Turmuhr). Kirchenmusik.

6. Berittene Musik mit vier Trompeten und einem Paukenpaar als (zeitgenössisch verstandene) Repräsentanten der Stadt Delphi.

7. Dame an einem rechteckigen Tasteninstrument (wohl Clavichord) sitzend. Hausmusik der gehobenen Gesellschaft.
Ein zweites rechteckiges Tasteninstrument, vermutlich ein Virginal, ist auf dem Zürcher Bild weiter rechts zu sehen und fehlt hier.

8. Ein Viola da gamba-Spieler. Hausmusik der gehobenen Gesellschaft.
Auf dem Zürcher Bild sind vier Viola da gamba-Spieler abgebildet, hier ist nur einer erhalten.

9. Laute. Attribut von Terpsichore, der Muse des Tanzes, gleichzeitig auch Hausmusik der gehobenen Gesellschaft.
Die Laute dient als Bindeglied zwischen Mythologie und musikalischer Realität des 16. Jahrhunderts.

Objektbeschreibung

UnsigniertSüddeutschland, um 1540Öl auf Leinwand, ringsum beschnittenH. 160 cm; B. 270 cmGeschenk R. Bischoff-Merian, Basel (1881) Inv.-Nr. 1906.2901.

 
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