Luzern, 1899
Goldschmied: Karl Silvan Bossard (1846-1914)
Silber, vergoldet, gegossen, getrieben, graviert, ziseliert
Fuss angeschraubt
H. 26,4 cm, Dm. 12,7 cm (max.); Gewicht 547,4 g
Inv. 2004.304.1.-3.
Der reich verzierte Buckelpokal im Stil der Neo-Renaissance ist ein Werk des Ateliers Bossard aus Luzern, eine der bedeutendsten europäischen Werkstätten, die bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts Silberobjekte historistischer Stilrichtung herstellte. Ihre Produktion umfasste Becher, Pokale, Trinkspiele, Schalen, Tafelaufsätze, Kelche und Monstranzen im Stil des ausgehenden Mittelalters, der Renaissance und des Barock. Historische Vorlagen der Bossard'schen Privatsammlung bildeten hierfür eine wichtige Inspirationsquelle.
Die Urheberschaft des Ateliers wird durch vier Stempel am äusseren Rande des Pokalfusses belegt: Auf ein Feingehaltszeichen von «0,875» folgen das Beschauzeichen der Stadt Luzern, der Namensstempel «I. Bossard» sowie die Meistermarke der Firma. Neben diesen eindeutig gestempelten Silbergeräten wurden in diesem Atelier auch Stücke mit irreführenden Stempeln, fehlenden oder gefälschten Marken produziert.
Der vergoldete Silberpokal wurde - so die Gravur am oberen Rand der Kuppa - als Geschenk in Auftrag gegeben: «Der gemischte Chor Zürich dem Gesangverein Basel zur Feier seines 75jährigen Bestehens 25.-28. Mai 1899». Ein ziselierter Löwe mit Wappen - der Schildhalter Zürichs - auf der Innenseite des Deckels nimmt eindeutig Bezug auf den Auftraggeber.
Ein breites Spektrum an Techniken - Giessen und Treiben sowie Gravieren und Ziselieren - zeugt von der herausragenden handwerklichen Begabung Bossards und seiner Mitarbeiter. Aufbau und Dekor - gestufter Fuss mit Rankendekor, vasenförmiger Schaft mit Rollwerk, Kuppa und Deckel mit Buckeln - schöpfen aus dem Repertoire der Renaissance. Das ikonographische Beiwerk bezieht sich auf die Musik: Der Deckelknauf ist als Sänger gestaltet, der sich auf eine Harfe stützt. In der linken Hand hält er ein breites Notenblatt, auf dem Rücken trägt er eine Laute. Drei Halbfiguren mit Musikinstrumenten schmücken in regelmässigen Abständen die Buckel der Kuppa. Die Vergoldung des Silberpokals kontrastiert reizvoll mit dem roten Samt des neuneckigen Futterals. In geöffnetem Zustand entsteht eine Art Triptychon, wodurch dem Pokal eine sakrale Wirkung verliehen wird.