Zelle 22

Lobet den Herren - Instrumente in Kloster und Kirche spätes 15. bis Mitte 19. Jahrhundert

Rituelle Handlungen wie auch religiöser Chorgesang werden bis heute durch unterschiedliche Instrumente begleitet oder initiiert; den Instrumenten werden jeweils bestimmte Funktionen zugeordnet.

Das Trumscheit, auch Tromba marina, Marien- oder Nonnentrompete genannt, wurde vom 16. bis zum 18. Jahrhundert vorwiegend in Frauenklöstern als Trompetenersatz an hohen Feiertagen gespielt; Frauen waren damals vom Trompetenspiel grundsätzlich ausgeschlossen.

Messschellen und - von Gründonnerstag bis Karsamstag - Klappern und Ratschen wurden bei Prozessionen und bei bestimmten Handlungen in der heiligen Messe verwendet.

Im jüdischen Gottesdienst führt das Schofar rituelle Handlungen ein.

In der protestantischen Kirche waren ab dem späten 16. bis ins 18. Jahrhundert Zink (Diskant) und Posaunen (Alt, Tenor und Bass) ein übliches Begleit-Ensemble für Choräle und Psalmen. Später übernahmen Melodieinstrumente wie etwa Blockflöte, Fagott oder Basshorn die Begleitung des Gesangs oder den Ersatz einer einzelnen Choralstimme, vor allem in der an Zwingli orientierten Kirche, wo die Orgel bis weit ins 19. Jahrhundert aus dem Gottesdienst verbannt war. Stimmflöten boten ein Hilfsmittel, um den einzelnen Chorstimmen den richtigen Einsatzton zu vermitteln.

Kleine Orgeln wurden bei Prozessionen mitgetragen und unterwegs gespielt oder dienten der klingenden Unterstützung bei Andachten zu Hause und in privaten Kapellen. Im 19. Jahrhundert erfüllte oft auch ein Harmonium dieselben Funktionen.

Technische Merkmale und Besonderheiten
Grundton der Posaunen
Bei den Posaunen wurde der angegebene Grundton aus der Instrumentenlänge errechnet und bezieht sich auf a1=440 Hz. Damit ist eine Vergleichbarkeit der im Laufe der Zeit teilweise veränderten Instrumente gegeben. Unberücksichtigt bleiben dabei die historischen Stimmungen.

Trumscheit (Tromba marina)
Auf dem mit einer einzigen Saite bespannten Streichinstrument werden nur sogenannte Flageoletttöne gegriffen. Das heisst, die gestrichene Saite wird beim Spiel nicht auf das Griffbrett niedergedrückt, sondern der Finger wird jeweils auf einen Schwingungsknoten der frei schwingenden Saite gelegt.

Eine Auswahl von Musikbeispielen:

"Laudate Dominum, omnes gentes" // Claudio Monteverdi (1567-1643) // Ensemble Concerto (Bass, Posaune, Orgel), dir. Roberto Gini // P/C 1991; TC 561 304.
"´Laudate Dominum omnes gentes´ mit Antiphone ´Serve bone et fidelis´, aus Vesperae solennes de Confessore, KV 339" // Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) // Joan Rodgers, Sopran, Concentus musicus Wien, dir. Nikolaus Harnoncourt // P 1987 Teldec/C 1997 Erato; Teldec musique sacrée vol. 5.
"´O Rex gloriae (a 10)´ Motette für Sopran, Tenor, 4 Zinken und 4 Posaunen" // Christoph Strauss (1575?-1631) // Concerto Palatino, Bruce Dickey, Charles Toet // P/C 1999; HMC 905243.
"Pastorella für Trumscheit (Tromba marina)", (1834) // Max Keller // Max Engel und Paul Engel, Trumscheit // Aufnahme: ORF Innsbruck. Die Aufnahme wurde von Max Engel in dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt.

Auf dem Trumscheit (Tromba marina) fallen die "falschen" Naturtöne besonders auf, da sie nicht durch irgendwelche technischen Hilfsmittel korrigiert werden können. Diese Töne mit ihrer naturgegebenen Intonation klingen für unsere geschulten Ohren auffallend unsauber.
"Holdseliges Kindlein, Aria de circumcisione für Sopran, 2 Trumscheite, 2 Violinen, Kontrabass und Orgelpositiv" // Joseph Joachim Benedikt Münster (1694 - nach 1751) // Senta Ludwig, Sopran, Max Engel und Paul Engel, Trumscheit, Martin Mumelter und Peter Lefor, Barockvioline, Florian Pedarnig, Kontrabass, Kurt Neuhauser, Orgelpositiv, dir. Max Engel // P/C keine Angabe; Musica Bavarica MB 75107.

Auf dem Trumscheit (Tromba marina) fallen die "falschen" Naturtöne besonders auf, da sie nicht durch irgendwelche technischen Hilfsmittel korrigiert werden können. Diese Töne mit ihrer naturgegebenen Intonation klingen für unsere geschulten Ohren auffallend unsauber.
"Sonata für drei Posaunen, ausgeführt mit drei Serpenten", (1687) // Daniel Speer (1636-1707) // The London Serpent Trio, Alan Lumsden, Christopher Monk, Andrew van der Beek // P/C 1981; Titanic Ti-100.
"Vier Schofar Rufe" aus dem Gottesdienst für hohe Feiertage // B. W. de Jong, Schofar, Hauptsynagoge Amsterdam // P/C 1987; Philips 422 030-2.
"Ratschen aus dem Kanton Fribourg" // Passionszug in Romont am Karfreitag // La Cécilienne, Romont FR, dir. M. Gachet // P/C 1992; GVS SMPS CD 002.
"Klapperbrett" // Schulkinder in Faido (TI) am Karfreitag // P/C 1996; claves CD 50-9621.

Das Klapperbrett war Ersatz für die Altarglocke oder Mess-Schelle von Gründonnerstag bis Karsamstag.
"´Nun komm der Heiden Heiland´ für Tischpositiv" // aus: Tabulaturbuch auff dem Instrumente, Dresden 1598 (Autograf) // P/C 1985 und 1995; CD Historisches Museum Basel.

Jean-Claude Zehnder, Tischpositiv "Ab Yberg" (SZ), Hersteller unbekannt, Süddeutschland (?) Ende 16. Jh., im 18. Jh. umgestaltet (Sammlung HMB, Inv.-Nr. 1927.258. Kauf).

Das Instrument steht im Grossraum dieses Geschosses. Ursprünglich stand es in einer privaten Hauskapelle in Ab Yberg bei Schwyz und wurde auch zu privaten Andachten gespielt.
"Wo Gott der Herr nicht bei uns hält (Choralvorspiel)" // Johann Pachelbel (1653-1706) // P/C 1985 und 1995; CD Historisches Museum Basel.

Jean-Claude Zehnder, Orgelpositiv aus Zürich-Fluntern, zugeschrieben Johann Jakob Messmer, Rheineck (SG) 1702 (?); Umbau von Christian Jacob Kühlwein, Ribeauvillé 1756 (Sammlung HMB, Inv.-Nr. 1879.62. Kauf).
Das Instrument steht im Haus zum Kirschgarten. Es wurde im Bethaus in Zürich-Fluntern bei der Kinderlehre und in kleinen Andachten eingesetzt, jedoch nicht im Gottesdienst.
"´Fuga octava in G´ aus: Johann Woltz, Nova musices organicae tabulatura, Basel 1617 für Regal // Simon Lohet (um 1550-1611) // Jean-Claude Zehnder, Regal von Caspar Humpel, Wilten bei Innsbruck 1691 (Sammlung HMB, Inv.-Nr. 1956.643. Sammlung Lobeck) // P/C 1985 und 1995; Historisches Museum Basel CD.

Das Instrument steht im Grossraum dieses Geschosses. Solche Instrumente wurden bis ins 18. Jahrhundert auch als Begleitinstrument für den Chor eingesetzt.
"Tercero Kyrie do primeiro tom por C Sol Fa Ut für Clavichord" // Padre Manoel Rodrigues Coelho (um 1555-1635) // Ilton Wjuniski, Clavichord // P/C 1997; HMC 90 5236.

Das Clavichord war ein Instrument, auf dem innerhalb der Klostermauern häufig musiziert wurde, vergleiche dazu das 1723 datierte Instrument (Inv.-Nr. 1879.103.) im Grossraum, das nachweislich im Kloster Magdenau (SG) gespielt wurde.
Da nur wenige Clavichord-Aufnahmen zur Verfügung stehen, wurde hier ein portugiesisches Stück über das Kyrie im ersten Ton gewählt.
 
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