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Klingende Signale - Post und Militär 18. und 19. Jahrhundert

Signal- und Posthorn wurden ähnlich wie Trompete und Jagdhorn zur Signalisierung bestimmter Handlungsabläufe eingesetzt, doch verfügen sie über einen geringeren Tonumfang und sind einem anderen sozialen Kontext zuzuordnen. Die Posthornsignale bezogen sich auf die verkehrstechnischen Aktivitäten der Postkutsche oder auf die jeweiligen Situationen eines reitenden Boten. So wurden etwa Ankunft, Abreise, Passieren oder Kreuzen mit einem anderen Gefährt sowie Angaben über die Anzahl Pferde und Wagen oder Kundtun einer Notsituation signalisiert.

Das Posthorn beschränkte sich im Wesentlichen auf den deutschen Sprachraum. 1828 wurde in Preussen erstmals eine eigentliche "Signalordnung" für den Postillon festgelegt. In England wurden anstelle der gewundenen Hörner schlichte, gestreckte Kutschhörner («Coachhorns») aus Metall verwendet.

Ursprünglich verfügte das Posthorn über einen oder zwei Naturtöne. Auf den Instrumenten des späteren 18. Jahrhunderts war das Spiel bis zum 6. oder 8. Naturton möglich. Im 19. Jahrhundert ermöglichten einzelne Grifflöcher, Klappen oder Ventile eine weitere Differenzierung. Die spezifische, offenkundig ansprechende Klangfarbe brachte schliesslich den französischen Instrumentenbauer Halary auf den Gedanken, in das «post-horn des allemands» Ventile einzubauen. Um 1828 soll das «cornet à pistons» erstmals in Paris aufgetaucht sein; damit war ein im 19. und 20. Jahrhundert äusserst erfolgreiches Instrument geschaffen worden.

Die eigentlichen Signalhörner fanden vor allem im militärischen Bereich Verwendung. Auch hier führte eine Weiterentwicklung im 19. Jahrhundert zu neuen Instrumenten: Durch Anbringen von Klappen entstand das 1810 in London patentierte Klappenhorn, dessen Klanglichkeit auch im Orchester geschätzt wurde. Im deutschen Sprachraum entstand durch den Einbau von Ventilen das verbreitete und beliebte Sopran-Flügelhorn, aus dem dann Alt- und Tenorhorn hervorgegangen sind.

Kommentar zu den Exponaten
Die Gruppierung der Signalhörner erfolgt nach Herstellungsorten bzw. -regionen. Die geografische Ordnung zeigt zum Einen die weiträumige Verbreitung und zum Andern Unterschiede und Gemeinsamkeiten hinsichtlich Bauweise und Materialien. Der angegebene Grundton wurde aus der Instrumentenlänge errechnet und bezieht sich auf a1=440 Hz. Damit ist eine Vergleichbarkeit der im Laufe der Zeit teilweise veränderten Instrumente gegeben. Unberücksichtigt bleiben dabei die historischen Stimmungen.

Halbmond
Der nach seiner äusseren Erscheinungsform benannte "Halbmond" wurde ursprünglich für die Jagd verwendet, siehe dazu auch die entsprechenden Dekors bei dem 1750 in Dresden entstandenen Instrument (Nr. 27).
Erst während bzw. nach dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763) wurden diese Instrumente im militärischen Bereich eingesetzt.

Signaltrompete und Signalhorn
Signaltrompeten unterscheiden sich von den Signalhörnern in ihrer Bauweise und damit auch in ihrer Mensur. Bei der Signaltrompete verläuft das gegenüber dem Signalhorn wesentlich längere Rohr zu einem grossen Teil zylindrisch, beim Signalhorn fast durchweg konisch; der Rohrdurchmesser ist bei der Signaltrompete deutlich geringer als beim Signalhorn.
In ihrer Funktion der Vermittlung militärischer Signale entsprechen sich die beiden Instrumente. Ebenso finden sich bei beiden Instrumentengruppen Instrumente, die einer militärischen Einheit für besondere Verdienste gewidmet wurden (z.B. die drei Signaltrompeten sowie zwei englische Signalhörner).

Material
Die ausgestellten Signalhörner zeigen die breite Palette der unterschiedlichen, für Metallblasinstrumente geeigneten Herstellungsmaterialien: Messing, Messing vernickelt, Neusilber, Kupfer, Kupfer versilbert und Silber. Oft werden am selben Instrument mehrere dieser Materialien kombiniert verwendet.

Instrumentenmacher und Herstellungsorte
Bei den Posthörnern stehen naturgemäss Hersteller des deutschen Sprachraums im Zentrum. Im Bereich der Signalhörner und -trompeten sind zahlreiche europäische Provenienzen vertreten: Frankreich (Nrn. 17-20), Deutschland (Nrn. 21-24, 27-30, 46), Schweiz (Nr. 25, 26), Spanien (Nrn. 38, 39), Portugal (Nr. 35), England (Nrn. 31, 33, 34), Belgien (Nr. 32), Schweden (Nr. 36), Italien (Nr. 37), Tschechien (Nr. 40), Russland (Nrn. 41-45).

Eine Auswahl von Musikbeispielen:

Signale der Schweizerischen Post (1841):
1 Abgang einer jeden Post
2 Ankunft einer Dienstpost
3 Ankunft einer Extrapost
4 Ausweichen
5 Postillions-Ruf
Posthorn in Es // Wolfgang G. Haas Trompetenensemble Köln // P/C 1996 Museumsstiftung Post und Telekommunikation; // CD 026.001.
Signale der Thurn und Taxisschen Post (1833):
1 Abfahrt einer jeden Post
2 Abfahrt einer ordinairen Post
3 Zahl der Wagen
4 Ankunft einer Extrapost
5 Zahl der Pferde
6 Nothruf
Posttrompete in Es // Wolfgang G. Haas Trompetenensemble Köln // P/C 1996 Museumsstiftung Post und Telekomunikation; // CD 026.001.
Signale der Königlich Bayerischen Post (1839) bis 1853 benutzt:
1 Signal vor der Abfahrt
2 Beim Ausweichen
3 Vor der Anfahrt bei der Station
4 Drei Signale von unbekannter Bedeutung
Posthorn in F, mit 1 Tonloch // Wolfgang G. Haas Trompetenensemble Köln // P/C 1996 Museumsstiftung Post und Telekommunikation; // CD 026.001.
Signale der Grossherzoglich-Badischen Post (1842):
1 Abgang und Ankunft ordinairer Dienstposten
2 Abgang und Ankunft der Extraposten
3 Zum Ausweichen
Posttrompete in Es // Wolfgang G. Haas Trompetenensemble Köln // P/C 1996 Museumsstiftung Post und Telekommunikation; // CD 026.001.
Signale der K. und K. Post in Österreich Ungarn (1844):
1 Jede Dienstpost
2 Separatfahrt
3 Extra-Post
4 Couriermässige Beförderung
5 Estaffette
6 Anzahl Pferde
7 Anzahl der Wagen
8 Postillons-Ruf
Posthörner // Wolfgang G. Haas Trompetenensemble Köln // P/C 1996 Museumsstiftung Post und Telekommunikation; // CD 026.001.
"´Aria di postiglione´ 5. Satz (Allegro poco) und Anfang des 6. Satzes (Fuga) aus´Capriccio sopra la lontananza del suo fratello dilettissimo´ B-Dur, BWV 992 // Johann Sebastian Bach (1685 - 1750) // Kenneth Gilbert, Cembalo // P/C 1993; AMA 447 297-2.
"2. Trio aus dem 6. Satz (Minuetto) aus der Posthorn-Serenade D-Dur, KV 320" // Wolfgang Amadeus Mozart (1756 - 1791) // Peter Damm, Posthorn, Staatskapelle Dresden, dir. Nikolaus Harnoncourt // P 1984/C 1993; Tel 4509-92149-2.
"Cavatine du Barbier de Séville für Kornett (Cornet à pistons)" // Joseph Arban (1825 - 1889) nach Gioacchino Rossini // Thierry Caens, Kornett, Quintette à vent de Lyon // P/C 1982, 1996; ARN 60267.
"´Sometimes I feel Like a motherless child´ für Kornett" // Traditional Spiritual, arr. Donald Hunsberger // Wynton Marsalis, Kornett, Eastman Wind Ensemble, dir. Donald Hunsberger // P 1983-1988/C 1992; SK 44726.
"Signale auf dem Harsthorn" // Paul Arnold, Harsthorn // aus: Die Geschichte der Schweizer Militärmusik // P/C 1983; Gold Records LP 11 183 D.
"Basler Pfeifertagwacht mit Clairons" // Clairon-Garde Basel-Stadt, dir. Paul Zimmermann.
"Wecken" // Musikkorps Österreichische Bundeswehr, dir. Oberst Wilhelm Stephan // P/C 1960; Philips 512 740-2.
"Zur Arbeit, Lichterlöschen", (1840) // aus der Trompeter-Ordonnanz für Scharfschützen und Jäger // Corps de musique de la Ville de Bulle FR // P/C 1983; Gold Records LP 11 183 D.
 
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