Es klingt wie der Anfang eines Witzes: «Kommt eine Flöte zum Arzt ...» Was folgt, ist keine Pointe, sondern wichtige Erkenntnisse. Ein Besuch im Universitätsspital Basel ermöglicht uns, vielleicht schon bald eine alte Flöte zum Klingen zu bringen.
Immer wieder gelangen Anfragen an das Museum, ob die über 400 Jahre alte Renaissanceflöte aus der Sammlung der Musikinstrumente gespielt werden könne. Aus konservatorischen Gründen ist das nicht möglich. Um den Klang dennoch zu erleben, wurde die Flöte mit einem CT-Scan erfasst. Dabei konnten wichtige Informationen über das Instrument gesammelt werden, die dabei helfen können, die Flöte zu rekonstruieren.
Die Flöte, um die es hier geht, wurde um das Jahr 1600 herum von der Familie Bassano, die in Venedig und London wirkte, gebaut. Das Kennzeichen der Bassano-Familie sind die «Hasenpfoten» als Brandstempel, die bei der Museumsflöte unterhalb des Mundlochs sichtbar sind. Die Flöte wurde aus Birnbaumholz gebohrt und gelangte im Jahr 1907 in die Sammlung des Museums. Zu sehen gibt es die Flöte in der Dauerausstellung des Musikmuseums.
Das Interesse an der rund 400 Jahre alten Querflöte ist gross. Es gibt nur wenige Flöten aus dieser Zeit. Das führt dazu, dass zahlreiche Anfragen rund um das gute Stück an das Museum gelangen. Musiker:innen wollen sie spielen, was jedoch nicht möglich ist.
Einige Risse aus den 1970er-Jahren zeugen von der letzten Ausleihe an einen Musiker, der mit dem Instrument auch zwei Lieder für eine Schallplatte einspielte. Um weitere Schäden zu vermeiden, wird kein historisches Holzblasinstrument aus der Sammlung mehr angespielt.
Für die Reise ins Spital wurde die Flöte sorgfältig aus der Dauerausstellung entnommen und von Wolfgang Loescher, Konservator-Restaurator für Holzobjekte, und Isabel Münzner, Kuratorin für Musikinstrumente, verpackt und im Anschluss ins Spital begleitet. In der Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin des Universitätsspital Basel wurde dann eine CT vorgenommen.
Eine CT, ausgeschrieben Computertomographie, ist eine medizinische Untersuchungsmethode. Röntgenstrahlen durchleuchten einen Körper und machen das Innere sichtbar. Die Röntgenstrahlen stossen bei den verschiedenen Strukturen auf unterschiedliche Widerstände. Ein besonders leistungsstarker Computer kann die entstehenden Signale zu Bildern verarbeiten. Auf diese Weise erhält man dreidimensionale Darstellungen der untersuchten Bereiche.
Es handelt sich bei der Flöte um die älteste Querflöte aus der Museumssammlung. Trotz des beachtlichen Alters von rund 400 Jahren ist sie in einem relativ guten Zustand. Mit das Wesentlichste bei einem Musikinstrument ist der Klang. Durch das Alter der Flöte ist es jedoch unmöglich, sie zu spielen. Selbst ein kurzes Anspielen hätte das Potenzial, der Flöte grossen Schaden zuzufügen. Um dennoch den Klang zu erleben, bemühen sich Museen immer mehr darum, Reproduktionen ihrer historischen Instrumente anfertigen zu lassen, sodass die Handhabung, das Anspielen und der Klang verstanden und musikalisch interpretiert werden kann. Für solche Reproduktionen braucht es jedoch genaue Messungen der Innenbohrungen oder der Tonlöcher, um auch einen Nachbau herzustellen, der aussagekräftig ist.
Um diese genauen Messungen anstellen zu können, sind die genannten CT-Aufnahmen hilfreich. Wir als menschliche Wesen könnten auch mit absoluter Akribie nicht solche exakten Daten an einem Objekt messen wie es der CT-Scanner kann.
Für die Messungen im CT wurde die Flöte sorgfältig platziert und im Anschluss in die Röhre gefahren, wo die Aufnahmen gemacht wurden. Schon nach kurzer Zeit konnte die Flöte wieder verpackt werden. Die sogenannten «Patientendaten» waren da schon auf eine CD-ROM gebrannt und konnten mitgenommen werden.
Die Flöte als 3D-Aufnahme. Die weissen Verfärbungen auf den Bildern stammen vom Verpackungsmaterial.
Ein Flug durch die Flöte in 2:42 Minuten.
Der Aufwand hat sich gelohnt. So ist nun beispielsweise klar, dass die Bohrung absolut zylindrisch ist, aber nicht zentriert. Das heisst, dass die Wandstärken der Flöte unterschiedlich dick sind. Zudem haben die Scans gezeigt, wie die Tonlöcher unterschnitten sind. Durch die erhaltenen Dateien ist es nun möglich, die Flöte bis ins kleinste Detail auszumessen. Bei einer Flöte machen Abweichungen im Millimeterbereich grosse Unterschiede im Klang und im Anspiel, sodass diese Informationen für einen Nachbau relevant sind.
Durch den CT-Scan der Flöte hat das Museum wichtige Informationen beisammen, um eine Kopie der Flöte anfertigen lassen zu können. Dadurch wird es eines Tages wohl auch möglich sein, den Klang der Flöte zu hören. Beliebig oft und ohne Angst vor Schäden.
Im Jahr 1972 wurde die Flöte ausgeliehen, um eine Schallplatte aufzunehmen. Zwei Lieder von besagter Schallplatte können Sie hier anhören.
Musikmuseum
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