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Das Podiumsgespräch zum Nachschauen

Ewig ausgeliehen? Zum Umgang mit Deposita

Deposita sind Objekte, die dauerhaft in den Sammlungen von Gedächtnisinstitutionen aufbewahrt werden, aber nicht in deren Eigentum sind.

Diese Objekte, die teilweise schon seit Jahrzehnten betreut werden, gehören nicht zur eigenen Sammlung. Was motiviert Institutionen und Privatpersonen dazu, ihre Objekte in externe Betreuung zu geben und was hat die andere Seite davon?

Das Podiumsgespräch am 20. März 2025 thematisierte die konkreten Herausforderungen, die sich im Alltag aus externen Besitz- und Betreuungsverhältnissen ergeben. Darüber hinaus ging es auch um die übergeordneten Fragen nach dem (Un-)Sinn des institutionellen Besitzdenkens von öffentlichem Kulturgut und um eine gemeinsame Verantwortung für die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit zu diesen Gütern.

Deposita als «verborgenes Ökosysteme der Basler Kulturbestände»

Zum Einstieg bat der Projektleiter Generalinventur und Moderator des Gesprächs Mirco Melone die Teilnehmer:innen um einen kurzen Input zum Thema. Werner Hanak (stellvertretender Leiter Abteilung Kultur Basel-Stadt) fragte nach den Gründen für die Beliebtheit von dauerhaft entliehenen Dingen. Dabei spielten laut dem erfahrenen Museologen Emotionen und die öffentliche Wahrnehmung von Museen eine zentrale Rolle. Ihr Versprechen zur Aufbewahrung für die Ewigkeit und ihre Funktion als öffentliche Bühne machten (Leih-) Gaben attraktiv und die Verhandlung darüber komplex. 

Noah Regenass (Leiter der Abteilung der Historischen Sammlung der Universitätsbibliothek Basel) führte anschaulich aus, dass sich die Basler Kulturgutbestände wie Wurzeln von verschiedenen Gärten immer wieder verknüpft und getrennt hätten. Auch er sprach über Trennungsschmerzen und Verlustängste von Sammler:innen, Nutzer:innen und Institutionen, die symptomatisch bei den Verhandlungen über die verschiedenen Zuständigkeiten im «kulturellen Ökosystem» seien.

Zahlen und Fakten aus dem Arbeitsalltag von Fiona Leu (Projektassistentin und Inventi der Generalinventur) brachten schliesslich Licht ins Dunkel dieses kulturellen Wurzelgeflechts. Als Teilprojektleiterin der Generalinventur überprüft sie rund 10'000 Dauerleihnahme- und Dauerleihgabeverträge des Historischen Museums Basel. Sie wies auf die veränderten Anforderungen und Bedürfnisse der Depositär:innen hin, die sich im Verlauf der 130-jährigen Geschichte des Museums ergeben haben und schilderte eindrücklich die vielseitigen Problematiken und Herausforderungen bei der Überprüfung der heterogenen Eigentums- und Besitzverhältnisse.

Sind Deposita noch zeitgemäss?

Auf die Frage, wie zeitgemäss das Konzept von Dauerleihverträgen für Gedächtnisinstitutionen in Hinblick auf die geschilderten Problematiken im Umgang sei, verwiesen die Gäste einerseits auf die Professionalisierung der Institutionen. Andererseits müssten auch die damit einhergehend gesteigerten Kosten zur Bewahrung des Kulturguts bedacht werden. Nicht zuletzt Projekte wie die Generalinventur im Zeichen des digital turn würden auf die hohen Kosten einer Sammlungspflege aufmerksam machen, die mitunter zugunsten der Ausstellungs- und Vermittlungsarbeit vernachlässigt werde. Schlussendlich gehörten die Kulturgutbestände dorthin, wo sie eine Aufwertung erfahren und die Gedächtnisinstitutionen sollten ihre Alleinstellungsmerkmale bei diesen Verhandlungen selbstbewusst einbringen.

Rolle der Deposita im institutionellen Selbstverständnis

Das Selbstverständnis unserer Gesellschaft ist wesentlich geprägt durch den Umgang mit dem Kulturerbe und die Auswahl der zu bewahrenden Erinnerung. Diesbezüglich stellte sich die Frage nach Verzerrungen und der Rolle von Deposita in der insitutionellen Überlieferungsbildung. Die Beispiele von Fiona Leu aus dem Historischen Museum bestätigten, dass die Mehrheit der Deposita aus einem wohlhabenden Milieu und von Donator:innen mit lokal ‘bekannten’ Familiengeschlechtern stammen. Vor diesem Hintergrund fragte Mirco Melone die Gäste nach den Gefahren einer Instrumentalisierung des Museums, die von einer Aufnahme hochkarätiger Deposita ausgehe. Während Werner Hanak eine Abhängigkeit zwischen Museum und Depositär:innen bestätigte, wies Noah Regenass auf die Chance hin, die sich den Gedächtnisinstitutionen bietet, sobald die Objekte in ihre Verwahrung kommen. Hier können sie nun, in Kontrast zu dem Privatbesitz, kritisch erforscht und zugänglich gemacht werden.

Welche Rolle spielen Emotionen beim Umgang mit Deposita?

Während uns Digitalisate von Objekten endlich die Möglichkeit geben Besitz- und «Gärtchendenken» zu überwinden, sehen wir in der Praxis dennoch eine grosse emotionale Bindung an das kulturelle Original. Ist das Konzept von Deposita hier Teil einer Vermeidungsstrategie, um unliebsame Entscheidungen nicht treffen zu müssen? Oder fehlt uns einfach die Coolness und Distanz, um Objekte zurückzugeben bzw. der verwaltenden Institution zu schenken? Diese Fragen führte die Gesprächsrunde erneut zu dem zentralen Punkt der Aushandlung von Emotionen. Diese seien zwar nicht immer leicht – jedoch gleichzeitig auch ein bereichernder Bestandteil der Arbeit in Gedächtnisinstitutionen.

Auf das Gespräch, dass Sie hier in voller Länge sehen können, folgte eine angeregte Diskussion mit dem Publikum, das auch diesmal zahlreich erschienen ist.

Am 25. September schliessen wir die Reihe «Museen im Gespräch» mit einem letzten Podium zum Thema «Was vom Ganzen übrig bleibt» ab, zu dem wir Sie bereits jetzt herzlich einladen möchten.

Das Podiumsgespräch als Video

4. April 2025 – Anne Hasselmann

Anne Hasselmann ist Historikerin und Assistenzkuratorin. Im Museum unterstützt sie Ausstellungs- und Sammlungsprojekte. Zuletzt hat sie die kleine Sonderausstellung «Inventarium. Eine Dokumentation der Generalinventur» konzipiert.

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