Viele unserer Objekte haben eine bewegte Geschichte und einige sogar buchstäblich. Einst aus dem Untergrund geborgen oder vor dem Abriss gerettet, finden sich nicht wenig Stücke aus der Basler Stadtkulisse im Museum wieder.
Steine gingen auf Wanderschaft, Türen kamen als Leihgaben ins Museum, Fassaden wurden als überdimensionale Museumsobjekte inventarisiert. Vor der Gründung der staatlichen Denkmalpflege 1923 wurden Bauteile oft in den Museumsbesitz überführt. Bis heute stehen manche nicht im Depot, sondern mitten in der Stadt und in deren Häusern. Ein sichtbares Zeugnis für den wechselnden Umgang mit dem historischen Kulturerbe.
Viele Basler:innen nutzen das Klingentalweglein als schnelle Verbindung zwischen Kasernenareal und Rhein. Zwischen den Mauern des Museums Kleines Klingental und den ehemaligen Klostermauern leitet das Kopfsteinpflaster unter einem kunstvollen Eisentor hindurch. Was wohl kaum jemand ahnt: Dieses Tor gehört dem Historischen Museum Basel und trägt die Inventarnummer 1893.71. Ursprünglich aus einem Garten in Freiburg im Breisgau, kam es als Sammlungsstück ins Museum und gelangte schliesslich als Dauerleihgabe an seinen heutigen Platz im öffentlichen Raum.
Das aktuelle Teilprojekt «Deposita» der Generalinventur beschäftigt sich auch mit solchen Objekten: Dauerleihgaben, die dem Museum gehören, aber ausserhalb seiner Mauern zu finden sind. Meist sind das Kunstwerke oder historische Gegenstände in anderen Museen. Doch einige von ihnen sind fest mit Basel verbunden. Und wir fragen uns, was passiert, wenn ein Museumsobjekt nicht in einem Schaukasten steht, sondern in eine Hauswand eingelassen ist? Oder als Treppengeländer dient?
Der Umgang mit Bauelementen war früher anders als heute. Viele Fragmente historischer Gebäude wurden bei Umbauten entfernt und ins Museum gebracht, da es damals noch keine organisierte Denkmalpflege gab. Besonders im 19. und frühen 20. Jahrhundert, als sich Basel stark veränderte, verschwanden zahlreiche imposante Häuser und Strassenzüge. Davon wurde das meiste entsorgt und ging für immer verloren.
Doch manche Bauteile erkannte man als wertvolle Zeitzeugen und bewahrte sie für die Nachwelt auf, indem man sie dem Historischen Museum Basel überliess. In gewissen Fällen entschied man später, diese wieder in das Stadtbild zu integrieren. Das führte zu einer kuriosen Situation: Obwohl sie offiziell Teil der Museumssammlung sind, wurden sie wieder in einen Gebrauchskontext zurückgeführt.
Ein besonders anschauliches Beispiel dafür sind Figuren und der Bogenfries des Basler Rathauses. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden sie entfernt und durch Replikate ersetzt. Doch wohin mit solchen historischen Elementen? Das Baudepartement übergab die Figuren dem Historischen Museum Basel. Damit waren sie vorerst gesichert, doch mit der Aufnahme in die Sammlung kam auch die Verantwortung. Die Unterbringung und Pflege solch grossformatiger Objekte war nicht immer einfach: Platzmangel, begrenzte Ressourcen und Witterungseinflüsse stell(t)en Herausforderungen dar. Diese Herausforderungen bestanden offenbar bereits seit Eröffnung des Museums, wie diese Aussage aus den 1960er Jahren des Vereins für das Historische Museum vermuten lässt:
«Es war offenbar schon damals nicht möglich, für dieselbe einen wirklich passenden und zugleich geschützten Aufstellungsort zu finden. Sie wurden im Freien, im Hof des Museums an die Kirche angelehnt aufgestellt mit dem Erfolg, dass die Verwitterung der Figur inzwischen bedenkliche Fortschritte gemacht hat. Die Zerstörung ist so weit fortgeschritten, dass aus Kreisen unseres Vereins die Anregung erfolgt, die Rettung der Figuren an die Hand zu nehmen. »
Denn Sandstein ist empfindlich, und im offenen Stadtraum war die Verwitterung stärker als gedacht. Besonders für den grossen Bogenfries konnte im Innenraum der Barfüsserkirche keinen Platz geschaffen werden. Schliesslich wurde in den späten 1960er-Jahren mit Hilfe des Vereines und des Kantons beschlossen, den Bogenfries des Basler Bannerträgers zusammen mit den Figuren der Justizia, des Kaisers Heinrichs und der Kaiserin Kunigunde wieder an ihren ursprünglichen Ort zurückzubringen: ins Rathaus. Doch diesmal nicht an der Fassade, sondern geschützt im Innenhof, wo sie bis heute zu sehen sind.
Besonders Grabplatten und andere kirchliche Elemente wurden im Laufe der Zeit wieder in ihren Ursprungsort integriert. Wenig Kirchen sind «aus einem Guss» und das ist auch bei den Basler Gotteshäusern nicht anders. Man baut um, saniert und rekonstruiert sie. Teile des Münsters findet man in vielen Ecken der Stadt wieder und einiges auch in den Depots des Historischen Museums Basels. Ein Beispiel dafür ist der Sarkophag von Bischof Rudolf (+917), der 1893 zum Sammlungsobjekt wurde. Erst 35 Jahre später entschied man sich den speziellen Zeitzeugen (es ist eines der wenigen materiellen Spuren von dem Einfall der Ungarn im Jahr 917) wieder in die Krypta des Münsters zurückzuversetzen, wo er auch heute noch in der Südnische betrachtet werden kann.
Auch ausserhalb von Kirchen findet sich das ein oder andere eingebaute Sammlungsobjekt im Stadtbild wieder. Besonders kunstvolle Haustüren bekamen nach ihrer Sanierung wieder einen Platz in der Stadt und schmücken so wieder unsere Strassen.
Wohl eines unserer grössten Objekte ausserhalb der Depots und Ausstellungshäuser ist die komplette Fassade des ehemaligen Hauses «Zur Goldenen Müntz». Nach dessen Abriss Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Teile der historischen Fassade ins Depot des Historischen Museums überführt. Dort verblieben sie nicht lange und schnell fand sich eine Möglichkeit die Fassade an einem neuen Ort wiederherzustellen, nämlich direkt neben der Barfüsserkirche an der Nordfassade des Stadtcasinos. Im Jahresbericht von 1904 (S. 11) ist vermerkt:
«Der Anbau an den Musiksaal hat gegen das Museum eine Giebelmauer; diese bot gerade Platz und konnte auch mit Einwilligung der Kasinogesellschaft dazu benützt werden, um die bereits im Museum lagernden Bestandteile der Fassade vom Hause zur Goldenen Münze einzubauen; einige noch fehlende Glieder wurden von den Herren Romang und Bernoulli in verdankenswerter Weise dem Museum überlassen, und so konnte die charakteristische Front dieses alten Geschäftshauses wieder aufgerichtet werden bis auf den obersten (III.) Stock, dessen Fehlen aber nicht allzu störend ist.»
Die Geschichte der Rathausfiguren und anderer Bauteile zeigt, wie beweglich die Funktion von Kulturgütern sein kann. Sie macht aber auch deutlich, dass die Verantwortung eines Museums über die eigenen Wände hinausgeht. Ob in Depots, Ausstellungen oder im öffentlichen Raum: Das kulturelle Erbe der Stadt bleibt lebendig, indem es bewahrt, erforscht und immer wieder neu verortet wird.
Fiona Leu arbeitet als Projektassistenz und Inventi bei der Generalinventur und kümmert sich dabei um die Bearbeitung der Deposita. Sie studierte Kunstgeschichte und Medienwissenschaften.
Direktion & Verwaltung
Postfach | Steinenberg 4
CH-4001 Basel
Öffnungszeiten Sekretariat
08.30 – 12 | 13.30 – 17 Uhr
Empfang: +41 61 205 86 00
historisches.museum(at)bs.ch
Kommentare (0)
Keine Kommentare gefunden!