Zwölf Larven aus Ton, allesamt glatzköpfig und mit langem Bart, befinden sich im Depot des Historischen Museums Basel. Sie stammen aus dem alten Zeughaus – doch ihr ursprünglicher Verwendungszweck hat nur indirekt mit Waffen und Krieg zu tun.
Die heutige Waffensammlung des HMB geht auf die Bestände des alten Zeughauses zurück. Seit den 1870er-Jahren wurden einzelne Waffen der Mittelalterlichen Sammlung übergeben. Mit der Einrichtung der Barfüsserkirche als Historisches Museum im Jahr 1894 ging auch der Restbestand des Zeughauses in die museale Sammlung über.
Ein Zeughaus bezeichnet gemäss dem Historischen Lexikon der Schweiz den «Gebäudetypus des Waffenspeichers». Der Begriff tauchte erstmals in frühneuzeitlichen Quellen auf und wurde synonym für «Arsenal» verwendet. Noch heute werden die Aufbewahrungsorte militärischer Geräte Zeughäuser genannt. Neben der Funktion des Lagers militärischer Geräte hatten Zeughäuser bereits in der Frühen Neuzeit auch eine weitere Aufgabe: Sie dienten als Museen, in denen Waffen aus vergangenen Zeiten und weitere Stücke zu bestaunen waren. Die Harnischmasken aus dem Basler Zeughaus verdeutlichen dies exemplarisch.
Die Masken lassen sich auf das 17. Jahrhundert datieren. Im Zeughausinventar des Jahres 1709 wurden sie erstmals als «Masquen» und als «Larven» erwähnt. Sie sind aus Ton modelliert, gebrannt und bemalt. Und sie dienten nicht der Verkleidung oder als Gesichtsschutz, sondern wurden allein zu Ausstellungszwecken hergestellt. Dank eines Stegs auf der Rückseite und Aussparungen an den Rändern lassen sie sich an einem Stab befestigen und aufrichten.
Die seit 1361 überlieferten Basler Zeughausinventare zeigen die Entwicklungen der Waffengattungen im Laufe der Jahrhunderte und somit auch den Grund für das Herstellen der Tonmasken auf. Der Militärhistoriker Wolfgang Schneewind schreibt 1958 über diejenigen Inventare des 17. Jahrhunderts: «Harnische und Hellebarden nahmen in der Menge ab, da sie in der Kriegsbewaffnung ausser Kurs gekommen waren. Man hielt aber historische Waffen trotzdem in einer gewissen Anzahl im Zeughaus neben einigen Kuriosa oder Meisterstücken, deren Erhaltung wertvoll schien.» Und um das Altertümliche der ausser Gebrauch geratenen Harnische und Waffen zu unterstreichen, wurde den aufgereihten Rüstungen die Tonmasken aufgesetzt. Die schielenden Gesichter mit den grossen Augen und langen Bärten waren wohl auch abschreckend. Heute würden die Masken im Museumsjargon als Vermittlungsobjekte bezeichnet.
Wie in einem Museum wurden in den Zeughäusern die Objekte einem interessierten Publikum gezeigt. Dafür wurden die Rüstungsteile und Masken zu «Harnischmännern» zusammengebaut. Doch es blieb nicht nur bei der Besichtigung im Zeughaus: Für ihre jährlichen Umzüge liehen sich die Zünfte alte Waffen und Verkleidungen aus. So lebte das veraltete Kriegsgerät in Volksfesten weiter.
Nicht nur in Basel kannte man diesen Umgang mit historischen Waffen und Rüstungen. Auch Luzern und Solothurn verfügten über Harnischmänner, die sich auf das 18. Jahrhundert datieren lassen.
In Luzern sind nicht nur einzelne Masken erhalten, sondern eine ganze hölzerne Gliederpuppe. Diese als Entlebucher Bauer verkleidete Statue stand gemäss Inventar im Jahre 1774 am Eingang des Luzerner Zeughauses, dem heutigen Historischen Museum. Im Vergleich zu den Basler Tonmasken sind die Gesichtszüge des Entlebuchers sanfter, «knabenhafter», wie es der spätbarocken Ästhetik des 18. Jahrhunderts entsprach.
In Solothurn führte der ähnliche Umgang mit den historischen Waffen dazu, dass das ehemalige Zeughaus heute ein Museum ist. Es beherbergt 13 seit 1773 belegte Figuren, die alle in Helm und Harnisch um einen Tisch gesetzt wurden und die 13 Alten Orte der Eidgenossenschaft verkörperten.
Durch die Aufnahme in die Museumssammlung verlieren die Objekte ihren ursprünglichen Verwendungszweck. Die Harnischmasken dienten jedoch von Anfang an dem Ausstellungszweck. Ihnen dürfte es wohl lediglich seltsam vorkommen, nicht mehr dauerhaft in vollen Waffenzimmern in einer Rüstung aufgerichtet zu sein, sondern nach oben blickend im Regal zu liegen und auf die nächste Ausstellung zu warten. Das alte Basler Zeughaus am Petersplatz wurde übrigens abgerissen – dort steht heute das Kollegienhaus der Universität.
Tim Buser arbeitet im HMB als Inventi bei der Generalinventur und als freier Mitarbeiter Bildung und Vermittlung. Er hat Geschichte mit Epochenschwerpunkt in der Frühen Neuzeit und Soziologie studiert.
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