Das Seidenband-Depot ist geschafft! Die Erleichterung ist gross, denn dieses Depot barg einige Überraschungen, die uns herausgefordert haben.
Auch im Seidenband-Depot liefert die Sammlungsgeschichte, bzw. der konkrete Sammlungsbestand, eine Erklärung für die komplexen Umstände. Unter dem Oberbegriff «Seidenband» werden die Nachlässe der grossen Basler Seidenbandfabrikanten verstanden.
Dieser für Basel zentrale Industriezweig erfuhr Ende der 1920er Jahre einen wirtschaftlichen Niedergang, der zur Auflösung von Firmen wie «Trüdinger & Cie.» führte. Zurück blieben Musterbücher, Musterkarten, Kundenbücher, Geschäftsbücher, Fabrikationsanweisungen und unzählige Probedrucke auf Papier, Stoff und Seide. Eine unübersichtliche Anzahl dieser Objekte war bislang nicht in die Museumssammlung aufgenommen oder nur in grossen Konvoluten erfasst. Die Inventis mussten darum viel Geduld und Zeit für die Detailerfassung aufbringen.
Aus historischer Sicht dokumentieren die Objekte im Seidenband-Depot eine Phase der wirtschaftlichen Blüte und ihren Untergang. Aus museologischer Sicht entziehen sich diese Objekte jedoch gleichzeitig einer eindeutigen Kategorisierung. Einerseits ist ein Musterbuch mit seinen eingeklebten Stoffproben ein klassisches Exponat, dass auf die globale Vernetzung der «Bändelherren» und den Geschmack ihrer Kundschaft verweist. Andererseits sind die genannten Objekte Bestandteil von Firmennachlässen, die als Archivbestände ebenso gut im Basler Staatsarchiv oder im Schweizerischen Wirtschaftsarchiv (SWA) aufgehoben wären.
Uns haben diese Objekte jedenfalls derart fasziniert, dass wir ein Beispiel eines sogenannten Chiné-Bands in die Fundstück-Vitrine der kleinen Sonderausstellung «Inventarium – Eine Dokumentation der Generalinventur» gelegt haben.
Anne Hasselmann ist Historikerin und Assistenzkuratorin. Im Museum unterstützt sie Ausstellungs- und Sammlungsprojekte. Zuletzt hat sie die kleine Sonderausstellung «Inventarium. Eine Dokumentation der Generalinventur» konzipiert.
Kommentare (2)
Susanne Krause
am 05.07.2023Anne Hasselmann
am 17.07.2023Interessant, dass die Muster und Dessins auch auf anderen Materialien, wie Papierdruck, Anwendung gefunden haben.
Die Musterbücher können auf Anfrage im Museum eingesehen werden. Mit freundlichen Grüssen von Basel nach Hamburg.